Unterwegs im magischen Licht der Lyngenalpen
- Oktober 19, 2019
- 0 comments
- typo2wp
- Posted in Special Destinations
- 0
Nordnorwegen. An ihrem nordwestlichen Ende betört die Ferienoase XLyngen mit familiärer Gastfreundschaft und aufregenden Touren in die wilde Natur.
Es knirscht. Es knackt. Es fühlt sich insgesamt an, als würde man über rohe Eier balancieren. Aber plötzlich geht es ganz leicht, die Schritte über die blanke Eisfläche werden sicherer, leichter. Miriam Johansen lacht: «Bald werdet ihr vergessen, dass ihr Spikes tragt.» Miriam ist Gastgeberin und Guide in Personalunion. Gemeinsam mit ihrer Schwägerin Laila begleitet sie Indra Joshi und mich auf die Wanderung nach Lyngstuva, den nördlichsten Ort der Lyngenhalbinsel und bekannt für seinen Panoramablick.
Wir marschieren zügig dem Fjord entlang, immer im Schutz der mächtigen, zum Teil über 1 000 Meter hohen Bergflanken des Gebirgszugs – er ist rund 100 Kilometer lang und zählt 140 Gletscher. Und er beginnt hier, ganz im Nordwesten. Tosend schlagen die Wellen ans Ufer, ein Seeadler kreist direkt über unseren Köpfen, Möwen schreien. Bald geht es über einen Trampelpfad, bereits gucken Heidelbeerstauden hervor, unter Eisflächen leuchtet das Moos, dazwischen durchbricht Wollgras das Eis, kleine, krumme Birken wachsen in die Höhe. «Da, schaut!», ruft Miriam und zeigt Richtung Wasser. Was nah am Ufer wie eine Welle aussieht, entpuppt sich als zwei Otter. Die beiden tauchen auf und unter, vertieft in ihr neckisches Spiel, und scheinen sich überhaupt nicht an uns Wanderern zu stören. Und plötzlich hat der Fjord sie wieder verschluckt. Ihre Spuren finden wir später im Schnee, auch jene von Schneehühnern und Hermelins. Wir entdecken Hüllen von Seeigeln, Kot von einem Elch, von denen es hier zahlreiche gibt; dafür kommen die Rentiere erst im Frühling wieder zum Weiden.
Erfrischung direkt ab Quelle
An einem sprudelnden Bach füllen wir unsere Flaschen auf: «Sauberes Quellwasser», sagt Laila, «das beste Getränk, das ich kenne.» Kalt ist es, erfrischend und pur. Nun geht der Pfad leicht bergan, wir amüsieren uns über die Berge, von denen einer aussieht wie ein König und gleich daneben orten wir die Königin, wir schauen übers Wasser und erspähen die offene Nordsee. Miriam und Laila, die beide in der Region aufgewachsen sind, kennen hier jede Abzweigung, jeden Hügel und jede Geschichte. Sie zeigen uns Steinmauern, die einst für Schafweiden dienten; ein zerschelltes Boot, das seit seiner unglücklichen Strandung vor langer Zeit am Ufer liegt; eine Felshöhle, die den Sami, den Ureinwohnern Lapplands, als Unterschlupf diente.
Sommerlich schon im Februar
Der höchste Hügel gibt den Blick frei auf den nördlichsten Leuchtturm Lyngstuva, auf den Hamrefjord mit den Inseln Vannøya und Reinøya bis über den Ullsfjord, den Fugløysund und Lyngen. Als wir Nord-Lenangen wieder erreichen, hat die blaue Stunde begonnen. Hell und einladend leuchtet das Licht hinter den Fenstern. Die roten Häuschen schmiegen sich eng an die Schneeberge, die Vorderseite geht hinaus auf den Steg am Lenangsstraumen- Fjord. Im grossen Gästehaus riecht es nach Kaffee und frischen Waffeln, später tischen Laila und Miriam fangfrischen Fisch, Garnelen, Rentierfleisch, Kartoffelstock, Karotten und Käse aus der Region auf. Wo früher Fische eingebracht wurden, sitzen heute Gäste aus England, Deutschland und der Schweiz in der Sofaecke zusammen.
Gut versorgt dank Supermama
Noch immer kommen viele zum Fischen und zum Bootfahren hierher, aber nicht nur. Auch Schneeschuh-, Langlauf- und Skitouren, Husky-Safaris, Nordlichtwanderungen oder Snowmobil-Fahrten stehen auf dem Programm – «Habt ihr das Dessert schon probiert?», fragt Laila. «Greift zu!» Erst, wenn alle zufrieden sind, ist sie es auch – was ihr den Namen «Supermama» einbringt. Lailas und Miriams Herzblut kommt nicht nur den Gästen zugute: Die Erhaltung der Natur ist ihnen ein persönliches Anliegen. Für ihre ökologische Betriebsführung mit regionaler Küche und die naturfreundlichen Ausflüge wurden die beiden mit dem begehrten internationalen Eco-Label «Green Key» ausgezeichnet.
Petri Heil auf dem Fjord
In einer Region, die vor allem vom Fischfang lebt, wollen auch wir unser Glück versuchen. Nach einer kurzen Wanderung holt uns Miriams Mann Bent-Jørand mit dem Snowmobil ab. Wir klettern auf den Transporter und schon rattert das Gefährt hinunter auf den gefrorenen Fjord. Mitten auf dem Fjord positionieren wir uns bei den Eislöchern, werfen den Köder, warten. Warten und warten. Nichts passiert. Kein Zappeln. Warten. «Okay, wir bohren ein neues Loch», entscheidet Bent-Jørand. Nur Minuten später zieht unser Guide einen riesigen Dorsch heraus und beginnt gleich mit dem Filettieren.
Warten aufs Grande Finale
Zart und schmackhaft schmeckt er, «unser» Fang des Tages, und trotzdem essen wir unkonzentriert. Ständig schauen wir durch die grosse Fensterfront nach draussen. «100 Prozent Chance auf Nordlichter», verkündete das Kontiki-Nordlichtbarometer – das klingt nach Grande Finale. Es ist wieder eine sternenklare Nacht, wir sehen die Milchstrasse, den Kleinen Wagen, den Orion, wir bauen das Stativ auf und stellen die Kamera ein, und – da! Plötzlich fliesst und funkelt es einem Vulkan gleich hinter den schneeweissen Bergen hervor, lodernd und grün, flackernd und hell, nun wechselt es die Farbe, wird erst rot, dann violett, und mittendrin funkeln die Sterne.
Comments are closed.