
„Some like it hot…“
- November 17, 2017
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Als Christoph Kolumbus am 5. Mai 1494 in St. Ann´s Bay als erster Europäer jamaikanischen Boden betrat, machte sich unter seinen Männern bald Ernüchterung breit. Statt des erhofften Eldorados, stießen die Konquistadoren auf ein von dichten Wäldern und hohen Bergen bedecktes Inselparadies, dessen Ureinwohner Gold und funkelnden Steinen keinerlei Bedeutung beimaßen. Blind für die atemberaubende Naturschönheit des Eilands, hissten die Entdecker bereits nach wenigen Wochen wieder enttäuscht die Segel, um ihr Glück an einer anderen Küste zu suchen.
Erst 15 Jahre später kehrten spanische Siedler unter Führung von Juan de Esquivel auf die vielleicht schimmerndste Perle unter den Antillen Inseln zurück und endeckten den wahren Reichtum des Eilands. Denn auf den fruchtbaren Kalk- und Vulkansteinböden Xaymacas, wie die Eingeborenen Taino-Indianer ihre Heimat nannten, gediehen Süßkartoffeln, Baumwolle, Tabak und Maniok beinahe von selbst. Deshalb machten wechselnde Kolonialherren, allen voran die Briten, die die Insel 1655 von den Spaniern erobert hatten, unzählige Exoten und Gewürze, die sie aus ihren Überseeterritorien in Asien, Afrika und der Südsee mitgebrachten, auf der Insel heimisch, bis den Kolonisten Papaya, Mango, Zuckerrohr, Ananas, Brotfrucht, Plantain, Kokosnuss, Avocado, Bananen und allerlei Früchte mehr sprichwörtlich in den Mund wuchsen. In nicht einmal zweihundert Jahren verwandelte sich Jamaika so in einen wahren Garten Eden.
Coronation Market
An keinem anderen Ort der Insel ist diese atemberaubende Vielfalt, von der Einheimische wie Touristen bis heute profitieren, greifbarer, als auf dem Coronation Market in Downtown Kingston – mit mehr als 800 Händlern der größte seiner Art in der englischsprachigen Karibik. Vor allen an Samstagen verwandeln sich die gusseisernen Markthallen und die engen Gassen zwischen den unzähligen Bretterbuden in einen brodelnden Hexenkessel. Dazu wummern aus unzähligen Boxen in ohrenbetäubender Lautstärke Reggae Beats, während über allem der süße, schwere Duft von Ganja liegt, jenes legendären jamaikanische Marihuanas, das erst vor kurzem auf der Insel legalisiert wurde.
Tatsächlich spielt der „Bauch Jamaikas“ im Alltagsleben, aber auch für das Selbstverständnis der rund 800.000 Einwohner zählenden Inselhauptstadt, bis heute eine zentrale Rolle. Und natürlich spiegelt sich die ungeheure Fülle des Angebots, zu dem neben Obst, Gemüse und exotischen Gewürzen auch Fleisch, Fisch, sowie jede Menge Küchenutensilien gehören, ebenso in der jamaikanischen Küche wieder, in der europäische, afrikanische und asiatische Einflüsse zu einem typisch karibischen, Aromenmix verschmelzen. Zu den wichtigsten Würzzutaten gehört, neben feurigen Scotch Bonnet Peppers und hocharomatischem jamaikanischem Ingwer, vor allem Piment, dessen Geschmack an eine Mischung von Pfeffer, Zimt, Nelken und Muskat erinnert – daher auch sein englischer Name Allspice.
Hot, hotter, Jerk!
Ganz oben auf der kulinarischen Hitliste der Einheimischen steht Jerk. Weniger eigenständiges Gericht, als vielmehr eine traditionelle, bereits vor Jahrhunderten von den Sklaven aus Afrika mitgebrachte Gar- und Konservierungsmethode, werden dafür Hühnchen, Schweinefleisch, aber auch Würste und Seafood zunächst mit einem trockenen Jerk Rub oder einer Jerk Paste eingerieben. Anschließend wird das marinierte Fleisch auf offenen Rosten, abgedeckt mit einer Art Wellblech, über einem Feuer aus aromatischem Sweet- oder Pimentowood über mehrere Stunden hinweg passiv im Rauch gegart. Zur Not tut es aber auch ein halbiertes Ölfass, in das glühende Kohlen gefüllt und die anschließend mit zuvor eingeweichten Pimentobeeren zum Qualmen gebracht werden. Auch wenn jedes Jerk Center, wie die unzähligen Road Side BBQs auf Jamaika genannt werden, mit einer „garantiert einmaligen“ Gewürzmischung um Kunden buhlt, spielen auch hier fast immer Piment, Scotch Bonnet Pepper und Ingwer, ergänzt um Nelken, Zimt, Muskatnuss, Thymian, Knoblauch, Salz und braunen Zucker eine tragende Rolle. Zwei besonders empfehlenswerte Adressen sind das etwas abseits an einer Ausfallstraße in Montego Bay gelegene Scotchie´s oder das Boston Jerk Center, nur wenige Schritte vom gleichnamigen, hufeisenförmigen Boston Beach.
Typische Beilagen, die zu Jerk, aber auch vielen anderen typischen Inselspezialitäten gereicht werden, sind Süßkartoffeln, Rice & Peas (ein mit Kokosmilch und diversen Gewürzen gekochter Mix aus Reis und Bohnen), Brotfrucht, Kochbananen, Bammy genannte, in Fett ausgebackene Maniokfladen oder Festival, ebenfalls frittierte, leicht süßlich schmeckende Teigfinger. Heruntergespült wird das Ganze mit ein paar Flaschen des lokalen Red Stripe Brew. Aber auch frisches Kokoswasser gibt einen exzellenten Begleiter ab und mildert die Schärfe der ebenfalls als Beilage gereichten Jerk Sauce. Überhaupt gibt es im tropischen Inselklima kaum einen besseren Durstlöscher als dieses erfrischende und von Natur aus isotonische Lebenselixier, das man an zahlreichen Straßenständen direkt aus der grünen Schale schlürfen kann, die der Verkäufer zuvor mit wenigen kunstvollen Machetenhieben öffnet.
Ackee n´Saltfish
Ein Muss für echte Foodies ist auch Jamaikas Nationalgericht Ackee n´Saltfish. Tatsächlich erinnert Ackee in Optik, Konsistenz und Geschmack ein wenig an Rührei. Sautiert in Schweinefett mit reichlich Zwiebeln, Tomaten, Scotch Bonnet Pepper und gereicht mit knusprigem Speck, frischen Tomaten und Callaloo – eine Art bitterer Mangold, genießt man Ackee meist schon zum Frühstück. Die Ackee-Frucht ist in unreifem Zustand allerdings giftig – öffnet man die Schale gewaltsam, entweicht ihr ein potentiell tödliches Gas. Reif ist die Frucht allerdings harmlos.
Fischliebhaber dagegen sollten Escovitch probieren – dafür wird leicht mit Mehl bestäubter Yellowtail oder Grey Snapper in reichlich Öl herausgebacken und mit einer erfrischenden, feinsäuerlichen Marinade aus Essig, Zwiebeln, Piment und etwas Wurzelgemüse aufgetischt, was geschmacklich ein wenig an sauren Brathering erinnert.
Um authentisch jamaikanische Spezialitäten stilecht zu genießen, sind das farbenfrohe Miss T´s in Ocho Rios und das winzige Soldier Camp Bar & Grill in Port Antonio erste Wahl. Während Miss T´s auf der ganzen Insel für den geschmorten Ochsenschwanz, aber auch Curry Goat – würziges Ziegencurry – bekannt ist, kann sich Everold Daley vom Soldier Camp rühmen, eines der besten Coconut Shrimp Curries Jamaikas zu servieren. Aber auch Escovitch oder die mit vielen Kräutern und Knoblauch gebratenen Peppered Shrimp (Flusskrebse) sind bei ihm besonders lecker. Ebenfalls probieren sollte man die mit Fisch, Fleisch oder Gemüse gefüllten Patties, die Jamaikaner gerne als schnellen Snack zwischendurch verdrücken. Übrigens: Da Fleisch auf Jamaika meist samt Knochen und in mundgerechte Stücke zerhackt serviert wird, muss man beim Essen immer ein wenig aufpassen, keine Knochensplitter zu verschlucken.
Blue Mountain Kaffee
Die bekannteste Spezialität Jamaikas aber stammt aus den Blauen Bergen im Osten der Insel – der echte Jamaica Blue Mountain Kaffee. Unter Liebhabern gilt er dank seines subtilen, besonders ausgewogenen und leicht süßlichen Aromas als einer der besten – und teuersten – der Welt. So belastet ein Pfund der begehrten Bohnen das Budget mit bis zu 100 Euro. Deutlich billiger ist das schwarze Gold auf einer der Kaffeeplantagen mit Direktverkauf. Z.B. dem Craighton Estate bei Irish Town, wo für ein Pfund „nur“ etwa 40 US Dollar fällig werden. Bei der rund einstündigen Führung durch die Kaffeeplantage wird Besuchern allerdings schnell klar, warum der Blue Mountain so teuer ist, denn alles muss in den steilen Hanglangen in aufwendiger Handarbeit erledigt werden.
Die Blue Mountain Range ist aber auch ein beliebtes Hiking-Revier. Frühaufsteher können auf dem Blue Mountain Peak, mit 2256 Metern Höhe höchste Erhebung der Insel, einen spektakulären Sonnenaufgang erleben. Entlang der halsbrecherischen Straßen, die sich an den teilweise fast senkrecht abfallenden Bergflanken entlang winden, gibt es aber auch viele kleine Cafés und Restaurants. Dort wird, neben frisch aufgebrühtem Blue Montain Kaffee, oft Biogemüse und Salat aus dem eigenen Garten serviert. So z.B. im ETIS Café oder dem Café Blue. Von der offenen Terrasse genießen Gäste hier den spektakulären Blick über die mit tropischem Regenwald bewachsenen Berghänge. Nur Moskitospray sollte man besser nicht vergessen, sonst mutiert man bald selbst zum exotischen Leckerbissen tausender Stechmücken.
Auf dem Rückweg nach Kingston lohnt dann noch ein kurzer Stopp in den Foothills bei Robin und Michel Lumsden, die unter dem Label Belcour Preserves einige der besten Marmeladen, aber auch Jerk-Saucen der Insel produzieren. Wer mag, kann auf der Veranda ihres in einen hübschen Park eingebetteten Herrenhauses eine klassisch britische Tea-Time mit allerlei Selbstgebackenem genießen, denn Robin ist auch eine hervorragende Köchin und hat eines der wenigen Kochbücher über die Insel-Küche verfasst. Zurück in der Stadt sollte man als Musik-Fan den Besuch des Bob Marley Museums nicht versäumen, aber auch eine Tour durch Trenchtown, wo Marley und zahlreiche andere Reggae Legenden aufgewachsen sind, sollte eingeplant werden.
Boutique Chic und High End Resorts
Neben zahlreichen Boutique Hotels, die sich hauptsächlich in den Blue Mountains und um Port Antonio im Südosten der Insel konzentrieren – drei der schönsten sind das Strawberry Hill mitten im Kaffeeanbaugebiet, Kanopi House oberhalb der durch den gleichnamigen Film bekannt gewordenen Blauen Lagune oder das in den grünen Vorbergen gelegene Eco Hotel Mockingbird Hill – liegen die Touristenhochburgen Jamaikas vor allem rund um Montego Bay, Negril und Ocho Rios. Dominiert wird das Hotelangebot dort von hochklassigen All-In-Hotels, gelten Jamaikas Hoteliers doch als Erfinder dieser Urlaubsform. Tatsächlich bewegen sich die meisten dieser luxuriösen Resorts auf dem Niveau internationaler 5-Sterne-Hotels. Platzhirsch mit 6 Weltklasse Couples Only-Resorts alleine auf Jamaika ist Karibikspezialist Sandals. Und so gehört dort auch Resort-Hopping fest mit zum Angebot. D.h. Gäste verbringen z. B. direkt nach der Ankunft ein paar Nächte in einer Butler Suite im romantischen Sandals Royal Carribean bei Montego Bay (das oben erwähnte Scotchie´s liegt nur einen Steinwurf weit entfernt), dann wechselt man an die endlosen, weißen Traumstrände von Negril.
Aber auch kulinarisch setzt das Angebot der Sandals Gruppe international Maßstäbe. So hat man in den meisten Resorts die Wahl zwischen 8 und mehr Restaurants. Das Eleanor´s im Sandals Royal Carribean z.B. bietet pankaribische Spezialitäten auf Topniveau. Neben lokalen Gaumenschmeichlern wie Crab Cakes, geräuchertem Marlin oder Pepper Pot Soup stehen hier u.a. gegrillte Porkchops mit Bitterorangen und Koriander-Jus aus Kuba, Chicken Roti St. Lucia Style mit Kürbis und Mango Chutney oder würziges Lammcurry mit Bananen Sambal aus Trinidad auf der Karte. Aber auch Ackee n´Saltfisch, Blue Mountain Kaffee oder hausgemachtes Jerk Chicken gehören bei Sandals zum Standard. Daneben verfügt das Royal Carribean seit kurzem über die ersten Over Water Villas der Karibik. Wer in eines dieser Ultraluxus-Refugien mit Butler und Infinity-Pool einziehen will, braucht neben dem nötigen Kleingeld Geld vor allem Geduld – sie sind bis 2019 (!) ausgebucht. Komplett.