
Klassiker auf vier Rädern
- Dezember 5, 2013
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Mit Statussymbol und Lifestyle retrospektiv durchs Hohenloher Land. Eine kleine Oldtimer- und Genussreise – auch für Unerfahrene empfehlenswert.
Beim Einsteigen umfängt einen schon der typische Oldtimer-Duft: Benzin, Öl und Leder … Und dann muss man es erst einmal bestaunen, das Mercedes-Cabriolet 190 SL, Jahrgang 1961. Zu der Zeit, als dieser Wagen aus der Fabrik rollt, wird John F. Kennedy als neuer amerikanischer Präsident vereidigt, die britische Wochenzeitung «The Sunday Telegraph» gegründet, das erste Kernkraftwerk Deutschlands liefert Strom und der Bau der Berliner Mauer beginnt … Die Mauer gibt es glücklicherweise nicht mehr – aber dieses Mercedes-Cabrio hat die Jahrzehnte gut überstanden! Es ist nach wie vor ein Bijou. Die runden Formen, Chrom und das Cremeweiss in Kombination mit Rot – der Wagen strahlt eine Eleganz aus, die schon manchen Autoliebhaber ins Schwärmen brachte.
Der erste Mercedes 190 SL wurde 1955 am Genfer Automobilsalon gezeigt und fand rasch begeisterte Käufer. Der Anblick des Klassikers lässt bei Cineasten sogleich Filmbilder aufsteigen: Grace Kelly und Frank Sinatra fuhren den Wagen in «High Society», einem Filmmusical aus dem Jahre 1956. 1959 erlebte der 190 SL im Film «Happy Anniversary» zusammen mit David Niven und Mitzi Gaynor ein tolles «product placement». Viele Film- und andere Stars waren vom bequemen Reisewagen äusserst angetan, darunter Gina Lollobrigida, Cary Grant, Alfred Hitchcock, Zsa Zsa Gabor, Ski-Legende «Blitz aus Kitz» Toni Sailer und auch Ringo Starr, der Schlagzeuger der Beatles, der 15 Jahre lang einen 190 SL fuhr.
Verrucht und doch beliebt
Nur eine prominente 190-SL-Besitzerin hätte der Autohersteller aus Imagegründen wohl lieber verheimlicht: Rosemarie Nitribitt, die Frankfurter Edelprostituierte, die 1957 auf ungeklärte Weise ermordet wurde. Der bis heute ungelöste Fall füllte die Klatschblätter, regte zu Spekulationen an und sorgte für einen Roman und zwei Filme. Ein schwarzer Mercedes 190 SL mit roten Ledersitzen war Nitribitts Markenzeichen. Der Skandal und Sex-and-Crime-Faktor konnten der Beliebtheit des Wagens allerdings nichts anhaben. Im Gegenteil: Das sorgte für noch mehr Aufmerksamkeit.
Diese erfahren auch wir während unseres Oldtimer-Weekends in der Umgebung von Stuttgart. Von der Retro Promotion Event-Garage in Gäufelden leihen wir uns den Mercedes. Weitere Fans alter Wagen wählen Porsche, BMW und Fiat – insgesamt stehen etwa 50 Fahrzeuge zur Verfügung. Nach der Einweisung, einer ersten Instruktion zum Betrieb des Oldtimers und mit einer Streckenbeschreibung ausgerüstet, geht die Fahrt zusammen mit sechs anderen Kultautos durch das Hohenloher Land los.
Autofahren wird wieder zum Abenteuer
Nach ein paar hundert Metern hat man sich mit dem ungewohnten Fahrempfinden arrangiert – keine Servolenkung, keine Bremshilfe, höherer Lärmpegel – und die Konzentriertheit macht der Freude Platz. Das Gefühl, mit diesem aufsehenerregenden Fahrzeug unterwegs zu sein, ist kaum zu beschreiben. Wäre es der eigene Wagen, wir würden wohl vor Stolz platzen … Es kommen aber auch Erinnerungen an eine Zeit auf, in der eine Autofahrt noch abenteuerlich war: Nie wusste man, ob man überhaupt und pannenfrei ans Ziel kommt.
Unser Ziel heisst Öhringen – «Motor-Museum». Der Name untertreibt ein wenig, denn wer hätte schon Lust, sich Motoren ohne Chassis anzuschauen? Wer das Glück hat, vom Besitzer Paul Heyd durch das Museum geführt zu werden, bekommt viele Histörchen zu hören. Zu jedem der Sport- und Tourenwagen aus der Zeit von 1948 bis 1960 und der Motorräder aus den 1940er- bis 1970er-Jahren weiss der Sammler etwas zu erzählen. Die Sammelleidenschaft hört jedoch nicht bei den Motoren auf. Alte Emaille-Schilder, Musikboxen, Mode, Fotoapparate und seit Neuestem auch Glaskunst faszinieren Paul Heyd ebenso. Und weil er die nostalgischen Fundstücke nicht allein geniessen will, ist alles in seinem Museum ausgestellt. Mit drei Euro Eintritt ist man dabei.
Oldtimer der anderen Art
Ebenfalls ein Oldtimer ist die Stadt Schwäbisch Hall, die auf das frühe Mittelalter zurückgeht. Die Altstadt mit ihren historischen Gebäuden und Fachwerkhäusern ist einen Bummel wert. Für Kunstinteressierte drängt sich der Besuch der Kunsthalle Würth auf. Das moderne Gebäude ist clever in die Altstadt integriert. Gezeigt werden Wechselausstellungen, die zur Hauptsache aus den Beständen des Sammlers und namengebenden Unternehmers Reinhold Würth stammen.
Wer nun mit seinem Oldtimer auch noch stilecht übernachten will, dem sei das Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe in Zweiflingen empfohlen. Das hübsche Jagdschloss ist im 18. Jahrhundert erbaut worden und aus dem dazugehörigen Ökonomiegebäude wurde das spätere Waldhotel Friedrichsruhe, welches 1953 eröffnete. Nach und nach kommen ein Anbau, mehr Zimmer, ein Golfplatz und ein preisgekrönter Spa sowie aktuell ein Michelin-Stern und 16 Gault-Millau-Punkte dazu. Das 5-Sterne Haus, das zu den Small Luxury Hotels of the World zählt, passt prima zu einem (verlängerten) Oldtimer-Weekend. Schliesslich musste noch Zeit für einen der besten Spas Deutschlands sein. Passend zur Region werden hier San Vino-Behandlungen angeboten, Anwendungen mit Produkten, die aus Traubenkernen gewonnen werden. Es ist ein Wohlfühlort par excellence – ermöglicht durch all die zuvorkommenden und herzlichen Mitarbeitenden. Die Oldtimer-Truppe ist sich einig: So etwas hat man schon lange nicht mehr erlebt …