
Graugrün in Shanghai
- Oktober 3, 2015
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Reiseglosse Grün! Graugrün! Loriot sprach mal vom land-auf und -ab berühmten Moosgrün, Apfelgrün, Ampelgrün …; aber ich, ich fühle mich eher sowas von satt graugrün. Im Gesicht und im Gemüt, dass es nicht zum Aushalten ist. Lieber Gott, ist mir schlecht, lieber Konfuzius, ist mir elend.
Shanghai: Hier lässt man sich von Fischchen die Hornhaut in fragwürdigen Waschwannen abknabbern. Wenn man unerschrocken und neugierig ist, lässt man sich auf dem Food Market auf knusprige Schlange oder auch Skorpione am Spiess ein; man lässt sich in der Metro mit gefühlten Hundertschaften meist sehr rücksichtslosen Dränglern in den Wagon pressen. Und irgendwo passiert es halt … Man fängt sich einen Virus ein.Vergiftung – asiatischer Virus – Lebensmittelinfektion statt Journalistenrecherche! Und das am Ende der Welt. Ich bin in Shanghai. Ob es wirklich noch ein «Ich bin » ist, das weiss ich nicht, eher schon ein «Ich war» oder «Ich sieche dahin».
Ich hab es grad noch in meine Luxus-Suite geschafft, und dann bahnte sich das Desaster an: Magen und Darm mit Reaktionen unbekannten Ausmasses, hohes Fieber. Irgendwann bin ich dann wegdämmert, sicher war ich auch ohnmächtig, ich kann mich nicht wirklich erinnern. Wohl aber an die umwerfend rührende und sofort einsetzende Pflege des Haus-und-Hof-Personals dieses wunderschönen, eleganten Hotels Peninsula in Shanghai. Ja, im Peninsula lag ich. Wenn schon graugrün, dann wenigstens auf Sternen gewebten Luxus gebettet. Drei Hotelangestellte inklusive Fahrer, die nun wirklich für andere Aufgabenbereiche zuständig sind, brachten mich sofort in eine Privatklinik. Gründlich und liebevoll umsorgend kümmern sich hier Ärzte und Schwestern dort.
Hört man doch immer wieder, dass in den chinesischen «public hospitals» das absolute Chaos und chronische Unterversorgung herrscht. Zumal sich dort mitnichten helfendes Pflegepersonal um den Kranken kümmert, sondern die Familienangehörigen, die in den 8- bis 12–Betten-Zimmern herumwuseln und aus Platzmangel zuweilen auf dem nackten Fussboden unter dem Bett des Angehörigen nächtigen. Nun denn, mein soziales Empfinden für die Gleichberechtigung aller Schichten, das ich zutiefst verinnerlicht sonst vor mir herschwinge wie Jeanne d’Arc ihr Schwert, schlug in diesem elenden Fall ehrlich gestanden null an, während ich auf schneeweissen Laken dahindämmerte.