
Die Lady der Lüfte
- Januar 14, 2017
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Anfang November 2015: Gate Z 52 LH 400 Frankfurt nach New York JFK. Verwundert halten die vorbeieilenden Passagiere inne. Live-Musik, festlich gedeckte Stehtische, Party-Atmosphäre. Wer Zeit hat nachzufragen, erfährt, dass hier in Kürze der 60-Jahr-Transatlantik-Jubiläumsflug der Lufthansa nach New York stattfindet. Honoratioren der Airline, geladene (prominente) Gäste freuen sich auf diesen besonderen Flug. Im Mittelpunkt des Interesses steht jedoch eine beeindruckende Lady: Margot von Engelmann-Rohde.
Sie besticht nicht nur durch ihre elegante Erscheinung, sondern vor allem durch ihre lebhafte und herzliche Ausstrahlung. Niemand vermag zu glauben, dass diese temperamentvolle Dame bereits 86 Jahre alt ist und soeben als die erste Stewardess des ersten Transatlantikfluges der Lufthansa vor 60 Jahren gefeiert wird. Das einstige Fräulein Margot ist aufgeregt, ganz genauso wie damals. Sie kramt nervös in ihrer Tasche, zückt ihren Lippenstift und zieht die Konturen exakt nach. So viel Zeit muss sein. Auf geht’s wieder in die weite Welt. Aber heute ist sie inmitten prominenter Gesellschaft Ehrengast beim Jubiläumsflug nach New York. Im Interview erzählt sie Imagine über die wichtigsten Stationen ihres Lebens und was es hiess, Stewardess zu werden seinerzeit …
IMAGINE: Stewardess zu werden, hiess, sich auf einen bestimmten Heiratsmarkt zu begeben?
Margot von Engelmann-Rohde: Ja, da wurde schon um die Wette geflirtet! Wir waren jung, schön, sorgenfrei, lebenslustig und liebten das Leben und die Liebe. Stewardess wollte eigentlich jedes junge Mädchen werden. Und es waren ja wirklich nur interessante Menschen an Bord. Immerhin war Fliegen damals so teuer, dass es sich wahrlich nicht jeder leisten konnte. So hatten wir Diplomaten, Geschäftsleute, Politiker, VIPs. Da waren zum Beispiel Helmut Schmidt, Konrad Adenauer und Gunter Sachs auf unseren Flügen.
War es schwierig damals, Stewardess zu werden?
Die Anforderungen vor 60 Jahren waren schon sehr streng. Am wichtigsten waren eine schöne schlanke Linie und eine gute Körpergrösse. Ab einem Alter von 24 Jahren konnte man sich bewerben, wenn man Abitur hatte, unverheiratet war, zwei Fremdsprachen beherrschte und eine abgeschlossene Berufsausbildung vorweisen konnte.
Wie begann Ihr Leben in der Luft?
Im Dezember 1953 begann ich, bei BA zu fliegen, aber nur innerhalb Deutschlands. Ich wusste aber, dass ich die ganze Welt sehen wollte. Und immer habe ich gespürt, dass meine Chance kommt. Und sie kam.
Sie sind also ein Glückskind?
Ja, das bin ich. An Bord eines Fluges nach München lernte ich Dr. Hans Bongratz kennen, den damals zukünftigen Chef der Lufthansa, die zu diesem Zeitpunkt noch keine Lufthoheit besass. Ich wusste bereits, dass der erste LH-Flug über den Atlantik geplant war. Wirklich allen Mut nahm ich zusammen und sprach ihn mit zitternder Stimme an. Das war damals ein wirklich grosses Ding. Ich war atemlos. Und er, er sagte nur kurz und knapp: «Gut! Ich habe noch keine einzige Stewardess. Sie sind dabei!» So wurde er nach und nach ein ganz toller und herzlicher Freund von mir.
Und er stand zu seinem Wort?
Ja! Mein Traum wurde wahr. Ich war dabei. Ich flog über den Atlantik. Zum allerersten Mal! Ein unbeschreibliches Gefühl von Freiheit. Als wir ankamen, waren wir aber total enttäuscht. New York im Morgengrauen ist sowieso nicht der grosse Knaller, aber die Ankunft am Flughafen Idlewild, dem späteren John F. Kennedy Airport, war dann eine echte Enttäuschung: eine einzige Baustelle, fürchterlich. Unvergesslich wurde dann aber der Empfang im damaligen «Waldorf Astoria» – dort erwartete uns ein phänomenaler Empfang. Unsere damals amerikanischen Piloten der neuen Lufthansa luden uns dann zu Landausflügen und in ihre Familien ein. Das sind Erlebnisse, die ich tief in meinem Herzen trage.
Haben Sie denn auch die Liebe durch Ihren Job gefunden?
In gewisser Weise schon! Ich habe meinen Mann bei einem Fest im Busch, in Kenia kennengelernt. Er arbeitete damals als Diplomat und rechte Hand für Aga Khan. Und ich kannte den Besitzer des «Montinia Safari Club» durch Flüge nach Beirut. Er lud mich zu Silvester ein, und so traf ich meinen Mann. Das war Liebe auf den ersten Blick. Wissen Sie, wir haben ja eigentlich den Jet-Set erfunden. Wenn ich erfahren habe, dass irgendwo eine Party ist, die exklusiv und angesagt war, habe ich per Genehmigungsbrief angefragt, ob ich als Gast auf einen anderen Flug kam. Für uns waren quasi alle Ziele erreichbar – einfach so. Was haben wir berauschende Feste in exklusiven Kreisen gefeiert!
Haben Sie Ihren Förderer und Freund Dr. Hans Bongartz wiedergetroffen?
Ja, und damals hat er mich zu Tränen gerührt. Es war bei der Weltflugkonferenz in München. Plötzlich erkannte er mich von Weitem, und es sprudelte aus ihm heraus: «Das ist mein Prototyp einer Hochglanz-Stewardess.»…