
Die freundlichen Hoteliers von Pontresina
- Februar 1, 2019
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- Urs Huebscher
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Mit der Einführung des «Prix Bienvenu» wollte Schweiz Tourismus die nationalen Hoteliers vor sechs Jahren wachrütteln und animieren, dem Schmäh der österreichischen Kollegen endlich etwas entgegenzusetzen. In Pontresina, das seither mit etlichen Spitzenplatzierungen im Willkommensranking brilliert, wäre der Wink mit dem Zaunpfahl wohl nicht mal nötig gewesen.
Sind es die Breitengrade, ein ganz spezieller Einfallswinkel der Sonne oder kreuzen sich gar energieatmosphärisch günstige Wasseradern genau unter dem Dorfplatz von Pontresina und tauchen damit das ganze Dorf in Lebensfreude und Minne? Irgendeine Ursache muss es doch haben, dass die Hotels im Engadiner Ferienort bei den Gästebewertungen so derart überdurchschnittlich abschliessen. In der Kategorie «Gastfreundlichkeit und Willkommenskultur» schiessen sie sogar regelrecht durch die Decke. Resultat: 33 Top-100-Platzierungen sowie neun Podestplätze in sechs Jahren «Prix Bienvenu», der die freundlichsten Hotels der Schweiz auszeichnet und sich dabei auf genau diese Gästebewertungen bezieht. Ein Spitzenresultat.
Gäste in die Ortsentwicklung einbeziehen
Warum jetzt also sind die Hoteliers in Pontresina so nett zu ihren Gästen? Jan Steiner, Tourismusdirektor vor Ort, gibt einen ersten hilfreichen Hinweis. «Unsere Hoteliers sind eben auch untereinander sehr nett. Statt sich zu bekämpfen und jeden Gast zu missgönnen, treffen sie sich regelmässig zum Austausch, bilden Einkaufsgemeinschaften und schöpfen wo immer möglich weitere Synergien aus, von denen dann wieder jeder Einzelne profitiert.» Natürlich ist diese atmosphärisch wie auch kommerziell vernünftige Partnerschaft von Hoteliers und anderen Leistungsträgern ganz im Sinne von Pontresina Tourismus und wird von der Organisation deshalb aktiv gefördert. Mindestens zweimal jährlich organisieren Jan Steiner und seine Mitarbeitenden zusammen mit der Verfeinerungskommission Pontresina sogenannte Ortsstrategieschulungen. «Bei diesen werden die Teilnehmenden, Leistungsträger, Einheimische und auch Gäste über die Orts- und Markenstrategie informiert. Wir animieren stets alle, sich aktiv an der Umsetzung zu beteiligen. Zusätzlich werden in Pontresina viermal jährlich Stammtische durchgeführt, bei denen aktuelle Themen präsentiert sowie offene Diskussionen mit Einheimischen und Gästen geführt werden.» Diese Art des aktiven Miteinbindens der Gäste werde von diesen sehr geschätzt und als Akt einer ehrlichen Willkommenskultur verstanden.

Winter bei Pontresina im Engadin| Foto: Christof Sonderegger
«Elefanten können nicht zu Balletttänzern trainiert werden»
Bei den lokalen Hoteliers kommen die Bemühungen der Tourismusorganisation ebenfalls sehr gut an. Eine tolle Bewertung von zufriedenen Hotelgästen sei damit aber natürlich noch nicht zu gewinnen, sagen Anne-Rose und Thomas C. Walther, die in Pontresina gemeinsam ihr Viersternhotel Walther führen. Vor zwei Jahren haben sie den «Prix Bienvenu» als freundlichstes Schweizer Hotel in der Kategorie «Ferienhotel gross» gewonnen, gefolgt von einem dritten Rang im darauffolgenden Jahr. Seit 2014 belegte das Walther immer einen Top-10-Platz im Ranking. Als zwingende Basis, damit solche Erfolge überhaupt möglich seien, müsse das «MMM-Prinzip» bei jeder und jedem Hotelangestellten fest verankert sein, sagt Anne-Rose Walther. «MAN MUSS die MENSCHEN mögen, heisst das, klingt vielleicht abgedroschen, ist aber Grundvoraussetzung für fast jede Dienstleistung.» Und es gelte eigentlich auch für die Gäste. Die Herausforderung, im manchmal hektischen Hotelalltag jederzeit den Überblick der von Angestellten gelebten Willkommenskultur zu haben, räumt sie zwar durchaus ein, setzt aber mit ihrem Ehemann voll auf die Karte Vertrauen. «Wir glauben nicht, dass Gastfreundlichkeit verordnet werden kann.» Vielmehr sei schon bei der Rekrutierung des Personals ein gutes Gespür gefragt, wer idealerweise wo eingesetzt werden sollte. «Ein Elefant kann nicht dazu getrimmt werden, bei einer Ballettvorführung den grazilen Solotanz aufzuführen, ist aber vielleicht im Hintergrund ein toller Bühnenbildbauer», erklärt Anne-Rose Walther bildhaft. Mitarbeitende an der Front müssten aber selbstverständlich eine natürliche Freundlichkeit in ihrem Naturell verankert haben. «Hier haben wir bei der Auswahl bislang offenbar ein gutes Händchen bewiesen», lacht sie.
«Gefühl beim ersten Gang ins Zimmer ist entscheidend»
Spitzenpositionen im «Prix Bienvenu» scheint auch das Pontresiner Dreisternhotel Allegra im Abonnement gebucht zu haben. Nach zwei zweiten Plätzen hat es in der Kategorie «Ferienhotel gross» heuer sogar zur Krone gereicht. «Wir möchten unseren Gästen direkt beim Eintritt ins Hotel das Gefühl vermitteln, dass sie hier genau richtig sind», verrät die Direktorin Regina Amberger, worauf es ihr ganz besonders ankommt. Ein herzliches Willkommen durch sie persönlich und durch eine oder einen natürlich auftretenden Hotelmitarbeitende / n, ein aufmerksames und speditives Check-in und dann «sehr gerne» der Gepäckservice und die Begleitung aufs Zimmer. «Spätestens jetzt, beim ersten Gang ins Zimmer, ist für mich entscheidend, dass dem Gast dieses erste gute Gefühl des Ankommens bestätigt wird.» Die Kunst bestehe dann natürlich darin, diese Gastfreundschaft über den gesamten Aufenthalt zu leben, von jedem Mitarbeitenden, in jeder Abteilung, aber auch durch umliegende Leistungsträger im Ort, die das Ferienvergnügen komplett machen. Regina Amberger ist deshalb überzeugt, dass die lokalen Behörden in Pontresina, allen voran die Tourismusorganisation, auch ihren Anteil zum hervorragenden Abschneiden der lokalen Hotels im «Prix Bienvenu» beigetragen haben. «Nicht nur die hier oft lachende Sonne macht uns so freundlich», schmunzelt sie. Pontresina arbeite als Team dafür, was hoffentlich so bleiben werde.