
Den Nachwuchs im Gepäck – Reisen mit Kindern
- Juni 28, 2013
- 0 comments
- typo2wp
- Posted in Relax
- 0
Reisen mit Kindern kann eine echte Herausforderung sein, doch es gibt viele Destinationen, die als besonders familienfreundlich gelten und mit ein paar kleinen Tipps kann fast jede Reise erholsam verlaufen – auch mit den lieben Kleinen! Alle Jahre wieder die Frage nach dem Wohin im nächsten Urlaub. Wer mit Kind reist, reist anders. Ob Cluburlaub, Camping in Norwegen, Städtetrip oder selbst organisierte Rucksacktour durch Asien, zunächst müssen die Eltern herausfinden: Was wollen wir? Und wie lassen sich die Elternwünsche mit denen der Kinder unter einen Hut bringen? Es gibt kein richtig oder falsch, aber einiges, was man sich ersparen kann. Um ein paar Tipps für stressfreie Reisen mit dem Nachwuchs zu bekommen sprach «Imagine» mit Geraldine Friedrich, der Autorin des Buches «Reisen mit Kindern – von Bauernhof bis Bali».
Imagine: Frau Friedrich, wie kamen Sie dazu ein Buch über das Reisen mit Kindern zu schreiben?
Geraldine Friedrich: Die Initialzündung gab ein Wohnungstausch im Jahr 2011. Damals wohnten wir noch in Riehen bei Basel und tauschten über Ostern für knapp fünf Tage unser Heim mit Hamburger Freunden, die eine Tochter im Alter meines Sohnes hatten und damit eben auch über eine kleinkindgerechte Wohnung verfügten. Diese Reise fand ich so genial und günstig, dass ich die Erfahrung weitergeben wollte und überlegte, welche spannenden Reisen es für Familien noch geben könnte.
Welche Reiseformen und -ziele stellen Sie in Ihrem Buch vor?
Zusammen mit sieben Co-Autoren und -Autorinnen stellt das Buch rund 20 verschiedene Urlaubsformen vor, entweder als Erfahrungsbericht oder als Interview. Mir war es sehr wichtig, dass jeder Autor die einzelne Urlaubsform mit seinen Vor- und Nachteilen beschreibt. Das fängt beim bereits erwähnten Haus- und Wohnungstausch an, den ausser uns auch eine Berliner Familie wagte –allerdings mit einer für sie fremden Familie aus New York–, geht über die Wanderung mit Esel einer Familie mit zwölfjähriger Tochter durch die Provence bis zur recht teuren Familiengruppenreise nach Galapagos. Ein Autor ist alleinerziehend und hat mit seinen beiden Kindern eine Campingtour nach Nordnorwegen unternommen, eine Kollegin verbrachte mit Mann und zwei Töchtern einen vierwöchigen Rucksackurlaub auf Bali. Eine andere Familie ermöglichte es dank beharrlicher Recherche ihrem Sohn trotz Trisomie 21 den Tauchschein zu machen. Das fand ich sehr beeindruckend. Mir geht es weniger um die Reiseziele, sondern mehr um die verschiedenen Reiseformen und die damit verbundenen Erfahrungen.
Ist denn Reisen mit Kindern so anders als ohne Nachwuchs?
Ich würde sagen: Für Eltern mit kleinen Kindern 100-prozentig Ja. Für sie ist Reisen einfach anstrengender, denn sie müssen ihren Nachwuchs ununterbrochen beaufsichtigen und versorgen. Auch was das Programm vor Ort angeht, läuft ein Urlaub mit Kleinkind deutlich anders ab: Während ich gerne ins Museum gehe, will mein Sohn beispielsweise lieber im Wasser planschen. Da muss jeder Kompromisse machen und natürlich kann ich von einem Dreijährigen weniger Kompromissbereitschaft verlangen als von einem Zehnjährigen. Hinzu kommt: Mit Krabbelkind oder tobendem Kleinkind ist man nicht überall gern gesehen. Auch dieses Thema kommt in dem Buch vor, insbesondere im Kapitel «Museumsbesuch mit Kind». Je älter die Kinder jedoch werden, desto selbstständiger kann jedes Familienmitglied seine Interessen verwirklichen.
Muss bzw. kann man lernen wie man mit Kindern verreist?
Ich glaube schon. Frischgebackene Eltern müssen sich zunächst von der Vorstellung verabschieden, dass sie ihre Reisen einfach weiter so planen können wie bisher. Gerade Familien mit kleinen Kindern brauchen für alles mehr Zeit, mehr Platz und natürlich haben Kinder andere Bedürfnisse als die Eltern. Mein Tipp: Immer gut hinhören, wenn andere Eltern von ihren Reiseerfahrungen berichten und auch konkret nachfragen, wie denn was genau lief – vor allem dann, wenn es besonders gut oder schlecht war.
Bei vielen Eltern ist der Cluburlaub mit Kinderunterhaltung und Betreuung sehr beliebt. Was halten Sie persönlich davon und gibt es Alternativen?
Seit ich Mutter eines Kleinkinds bin, verurteile ich Cluburlaub nicht mehr. Eine meiner besten Freundinnen ist sehr erfolgreich im Beruf, hat zwei Kleinkinder und ist alleinerziehend. Dass die dann sagt, ich brauche mal einen Urlaub mit Kinderanimation, finde ich völlig nachvollziehbar. Cluburlaub bietet gerade sportbegeisterten Eltern die Chance, sich selbst mal wieder austoben zu können und trotzdem zu wissen, dass ihre Kinder in guten Händen sind. Der Nachteil: In der Hauptsaison sind diese recht teuer. Eine gute und meist günstigere Varianten sind Feriendörfer mit limitierter Kinderbetreuung und Selbstversorgung. Ich denke da jetzt konkret an die genossenschaftlich organisierte Schweizer Reisekasse (Reka) oder an kommerzielle Veranstalter wie Landal. Wer das nicht möchte, kann vielleicht mit einer befreundeten Familie mit Kindern im selben Alter wegfahren. Tipp: Die Hotelzimmer bzw. Ferienhäuser nebeneinander buchen, dann kann jedes Paar abwechselnd auf die Kids des anderen aufpassen und das andere Paar hat mal frei.
Welche Urlaubsformen bevorzugen sie mit Ihrer Familie und warum?
Wir mögen Kontraste. Ostern haben wir in einem traditionsreichen Luxushotel mit schickem Spa in Pontresina verbracht – inklusive kollektiver Ostereiersuche in der mondänen Lobby. Ich war überrascht wie viele Eltern mit kleinen Kindern so ihre Feiertage verbringen. Kellner und Hoteldirektor reagierten übrigens sehr entspannt, als mein Sohn Schokolade in den Vorhang des Grand Restaurants schmierte. Da das Wetter eher schlecht war, hat sich das Spa mit mehreren Schwimmbecken enorm ausgezahlt. Pool, See oder Meer sind im Sommerurlaub natürlich Pflicht, nicht nur fürs Kind, sondern auch für die schwimmbegeisterte Mama. Da ich zudem gerne koche, mögen wir für längere Urlaube lieber Ferienwohnungen als Hotels. Mir selbst ist es wichtig, dass es in der Nähe unserer Wohnung Ausflugsziele gibt, die entweder landschaftlich oder kulturell reizvoll sind.
Ist jedes Reiseziel bei richtiger Vorbereitung mit Kindern möglich?
Nein, ich glaube, dass es vom Alter der Kinder abhängige Grenzen gibt. Aber die hängen natürlich auch vom Stress- und Fitnesslevel der Eltern ab. Wenn Eltern sich zutrauen, den gesamten Jakobsweg mit zwei Kleinkindern im Fahrradanhänger zu erradeln, finde ich das bewundernswert. Mir wäre das aber zu anstrengend. Für mich hört der Spass dann auf, wenn Eltern aus Unwissenheit oder egoistischen Motiven die Gesundheit oder Sicherheit ihres Kinds gefährden, zum Beispiel, wenn sie ihr Kind nicht impfen lassen, aber trotzdem mit ihm die Fernreise nach Afrika oder Asien unternehmen. Oder wenn Eltern mit ihrem Neugeborenen in der prallen Sonne auf schmalen stolperanfälligen Wegen im Tragetuch in den Alpen wandern. Das passt dann für mich nicht zusammen.
Von welcher Art des Reisens würden Sie Eltern mit Kind abraten?
Ich würde gerade bei kleineren Kindern von Ferien abraten, bei denen man alle zwei Tage die Unterkunft wechselt. Weniger ist mehr: Lieber drei feste Orte anpeilen, an denen man je einer Woche bleibt und von dort aus Ausflüge unternehmen. Das Kind hat sonst bei vielen Ortswechseln keine Chance anzukommen und evtl. Kontakt zu Spielkameraden aufzubauen. Und das ewige Ein- und Auspacken ist mit Familie einfach nervig.
Und was halten Sie von Fernreisen mit Kleinkindern?
Grundsätzlich kein Problem, aber den Eltern muss vorher klar sein, dass der Flug mit Baby, Kleinkind und auch grösseren Kindern z.B. nach Australien anstrengend werden kann und sie selbst kaum ein Auge zu machen. Da Babys ab drei Monaten fliegen dürfen, eignet sich durchaus das Zeitfenster zwischen drei und sechs Monaten nochmals für eine Fernreise mit viel Sightseeing zum Beispiel nach New York, denn das Baby ruht in der Regel noch zufrieden in einer Trage am Bauch, schläft viel und kann noch nicht robben oder krabbeln. Bei Kleinkindern bis drei Jahren besteht nach meiner Erfahrung die Gefahr, dass die Eltern nicht mehr so viel von der teuren Fernreise haben, da sie ständig schauen müssen, dass sich ihr Kind nicht kopfüber in den nächsten Fluss stürzt. Der Wohnungs- oder Haustausch ist meines Erachtens auch gerade bei Fernreisen eine gute Option, denn dann landet eine Familie in der Normalität einer anderen Familie. Und natürlich spart dies viel Geld.
Wie ist das Angebot der Reisebranche für kindgerechte Ferien?
Sehr gross. Auffallend ist, dass es mittlerweile viele Reiseanbieter gibt, die sich auf Fernreisen für Familien spezialisiert haben. Da sollten die Kinder aber schon mindestens fünf bis sechs Jahre alt sein und diese Reisen sind recht teuer. Zudem gibt es inzwischen jede Menge Familienhotels.
Wie sieht Ihr nächster Familienurlaub aus?
Wir gehen über Pfingsten fünf Tage in den Schwarzwald in eine Jugendherberge und verbringen unseren Ferien «Auf den Spuren der Indianer». Es handelt sich dabei um eine organisierte DJH-Reise, an der sechs bis acht Familien teilnehmen, also überschaubar. Die Reise ist für Kinder zwischen drei und acht Jahren gedacht und bietet mehrere Stunden Indianer-Programm pro Tag, so haben wir Eltern vielleicht auch etwas Zeit für uns. Unseren 14-tägigen Sommerurlaub werden wir im einzigen Reka-Feriendorf am Meer in der Toskana verbringen. Dort gibt es nicht nur Sonne, Sand und Spielkameraden, sondern auch jede Menge Kultur und Kulinarisches für die Eltern.
Geniessen Sie es auch mal ohne Kind zu verreisen?
Ja, absolut. Und mein Beruf als Reisejournalistin verschafft mir das Privileg alleine zu verreisen, wenn auch nicht mehr so oft wie früher. Ich rege mich inzwischen viel weniger auf, wenn beispielsweise das Flugzeug Verspätung hat. Und denke für mich: Wie gut, dass nur ich hier sitze – und nicht auch noch mein Sohn.