Das andere Paradies – Janusköpfiges Kuba
- April 1, 2016
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Die Insel zieht sich weit über die Karibik. 1?200?km von West nach Ost, umkränzt von Sandstränden und gekrönt von ihren Bewohnern. Kuba, das einen Fuss in der Vergangenheit hat und den anderen in die Zukunft setzt, ist dieses andere Paradies. Wie aus einer anderen Zeit, in einer anderen Welt. Der erste Weg führt zum Meer, zu der Promenade, die schwanger vom Duft von Zigarren und Musik von einer anderen Zeit spricht. Der Malcón zieht sich von Vedado, dem neuen Stadtzentrum à la Miami, am Wasser der Haie entlang zur Altstadt. Hier flanieren die Verliebten, Kinder spielen Baseball und Klassiker der Autogeschichte knattern vor der halb verfallenen Fassade in Pastelltönen. Unter der Sonne der Karibik ist Weiss zu grell und würde blenden. Die alten Festungen aus der Zeit, als Havanna der erste und wichtigste Brückenpfeiler Spaniens nach Südamerika war, verteidigen den Zugang in die Bucht, an die Phillip der II. die neue Hauptstadt verlegt hatte. Die Festungen, die El Morro und das Castillo de San Carlos de la Vabaña, sind ein massiver Versuch, die Stadt vor Piraten und Engländern zu schützen. Der Pirat de Sores hatte die Stadt 1555 angezündet, und später sind es die berühmten englischen Freibeuter Francis Drake und Henry Morgan, die der spanischen Krone erheblich zusetzen. Im 16.?Jahrhundert waren Havanna und Santiago noch nicht mehr als eine Ansammlung von Tavernen und Bordellen. Die Insel war noch nicht mehr als der Ausgangspunkt der reich beladenen Schiffe aus San Juan, Cartagena und Panama für die Überfahrt nach Spanien.
Schweiss und Tränen
Aus der Lumpenstadt machten Händler nach und nach ein zweites Burgos. Man produziert Tabak, Rinder, Maniok und edle Hölzer. Der frisch renovierte Plaza Vieja, der für Fiestas und Stierkämpfe angelegt wurde, spricht noch heute ebenso die Formsprache Kastiliens wie die Kolonialhäuser der Calles Ignacio. Es waren Handwerker aus Sevilla und Cádiz, die aus Mahagoni und Zedern edle Zimmerdecken, Türen, Säulen und Möbel fertigten. Die Pracht, von der die Insel noch heute zehrt, brachte letztlich aber der Zuckeranbau. Schon Kolumbus hatte ihn bei seiner zweiten Reise in die Karibik gebracht, doch erst der Sklavenaufstand auf Haiti liess die Preise steigen und machte Kuba reich. Mit ihm kamen Sklaven aus Afrika sowie Chinesen, der Aufstand in Haiti brachte französische Gutsherren.
Zucker und Peitschen
Im Süden liegt an einem sanften Hügel der Piratenschatz Kubas – die kleine Stadt Trinidad. Das Unesco-Kulturerbe war sich nicht zu schade, zuerst mit den Freibeutern Geschäfte zu machen, bis es unter dem Reichtum des Zuckerrohrs aus dem Valle de los Ingenios, dem Tal der Zuckermühlen, aufblühte. Über die Pflastersteine schlendert man durch die Altstadt in ihren Pastellfarben. Die Arkaden spenden Schatten und die Balustraden aus Mahagoni ein luxuriöses Ambiente. Hinter den schweren Holztoren liegen grüne, kühle Innenhöfe, und auf den Strassen ziehen Eselkarren und Velos vorbei. Von den Dachterrassen aus hat man einen schönen Blick, und in den kleinen Bars lässt es sich bei Live-Musik, Tanz und Zuckerrohrschnaps im Schatten das Leben geniessen. Eine alte Dampflock fährt ins Tal der Zuckermühlen, doch befreit einen der eigene Untersatz von deren Fahrplan. In der blühenden Landschaft stehen 43?kleine Mühlen. Die Plantagen- und Herrenhäuser sind grösstenteils verfallen, doch entschädigt das alte Haus der Familie Iznaga dafür. Unter dem weiten Säulengang leben die Schatten der Arkaden und die Wohnräume der Herrschaften liegen hinter den gelben Wänden und den Fenstern mit den blauen Gittern. Die roten Ziegel kühlen die Füsse und bieten einen entspannten Blick auf den Torre de Manaca-Iznaga – der hohe Turm, von dem aus früher die Sklaven überwacht wurden.
Konsequent korrupt
Bei dem Unabhängigkeitskampf Kubas ging es um Gleichheit und um Unabhängigkeit. Lang und tragisch endeten die Bemühungen der Insel in einer Abhängigkeit von den USA, die sie unter der Prohibition und der Weltwirtschaftskrise zu ihrem dekadenten Ferienparadies machten. Bis 1959 lebte Kuba unter der Faust von Mafiosi, den Diktatoren und amerikanischen Touristen. In Havanna, im ehemaligen Sevilla-Biltmore, dem heutigen Mercure Sevilla, dem wiedereröffneten Sloppy Joe’s, oder im Tropicana kann man noch heute dem Ambiente der dekadenten 40er nachspüren. Um die Ecke des Plaza de Catedral liegt das Bodeguita, wo nicht nur der Mojito perfektioniert wurde, sondern auch Bohemiens wie Hemingway, Carpentier und Guillén assen und tranken. Die Theke zieht sich um die Ecke des schmalen Raumes und die Bilder an den Wänden erinnern an vergangene Zeiten. Hinter der Bar reihen sich in dem Regal aus von der Zeit verdunkeltem Holz die Flaschen des Zuckerrohrschnapses, der das Heute versüsst. Nachts kann man ins ehemalige Casino Tropicana. Es bietet noch immer eine Bühnenshow erster Klasse, nur fehlen nun Black-Jack und Roulettetisch. Rund um Havanna zeugen die alten Strandbäder von der ehemaligen, verschwenderischen Pracht.
Freiheit oder Tod
Der Auftakt, Batista aus Amt und Würden zu schiessen, endete fast in der Katastrophe. Mehr Glück als Verstand brachte die Rebellen von der Küste in die Sierra Maestra. Vor Las Cuevas liegen links die zerklüfteten Berge und rechts das Karibische Meer und der Beginn einer fantastischen Wandertour. Der Turquino ist mit 1?974?Metern Kubas höchster Berg. Nachts, so sagt man, kann man bei klarem Wetter die Lichter Kingstons sehen. Pittoreske Dörfer begleiten den Aufstieg, im Rücken die blaue Karibik und wundervolle Aussichten. Durch dichtes Grün geht es hinauf, immer wieder unterbrochen durch Lichtungen und Schluchten. Der Blick über das weite Meer macht sprachlos. Vom Gipfel kann man zur Comandancia de la Plata wandern, dem ehemaligen Hauptquartier der Rebellen, und nach Villa Santo Domingo absteigen. Der Nationalpark lässt sich weiter auf dem Rücken eines Pferdes erkunden, oder man gönnt den müden Beinen im Río Yara Entspannung. Das ehemalige Hauptquartier ist locker museal hergerichtet. Die Hütten stehen noch und sind eingerichtet. Am Fuss der Berge liegt Santa Clara, die zweitgrösste Stadt Kubas. Nach den Aufständen in Haiti haben sich hier viele Franzosen angesiedelt, und so hat die Stadt einen anderen Drive als Havanna. Es ist das Zentrum für Musik, belebt und die Menschen sind freundlich.
Krise
Die letzte Amtshandlung, bevor Kennedy den Mantel der Blockade über Kuba legte, war es, den Keller des Weissen Hauses mit den berühmten Zigarren zu füllen. Er wollte nicht auf die Aromen Viñales’ verzichten. Zwischen den seltsamen Felsformationen des Naturschutzgebietes gedeiht in der roten Erde der berühmte Tabak in einer verzaubernden Landschaft. Runde Kegel aus Kalkstein bilden das Tal, das sich im Morgengrauen mit Nebel füllt. Von der Stadt Viñales aus hat man einen fantastischen Blick auf das Orgelgebirge, seine Dörfer und Zauber. Die Hütten der Tabakbauern sind mit Stroh gedeckt, und die Dächer sind steil, um darauf den Tabak zu trocknen. Die Bauern nehmen den Strohhut ab, wenn sie den Tabak pflücken, damit die wertvollen Blätter nicht verletzt werden. Etwas östlich liegt die Höhle Cueva de Los Portales, die Che Guevara während der Kuba-Krise als Hauptquartier diente. Zwischen Stalaktiten und Stalagmiten sieht man noch die Spuren dieser Beinahe-Katastrophe. Zurück in Havanna bleibt die Frage, wohin der Weg mit dem Ende der amerikanischen Blockade führt.