
Aug in Aug mit den Dickhäutern – In zwei Tagen zum Elefanten-Flüsterer
- Juni 28, 2013
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Im malerischen Goldenen Dreieck von Thailand kann man echte Abenteuer auf den Rücken von Elefanten erleben und zudem noch Gutes tun. Ich höre sie schon nachts. Und es irritiert mich. Ich liege in meinem Luxuszelt, das an einem Dschungelberg gebaut ist. In Hanglage. Aber noch habe ich so gut wie nichts gesehen, denn ich bin abends angekommen. Mein Herz klopft wild und ich finde kaum Schlaf, denn morgen werde ich ganz nah bei ihnen sein. Bei den Elefanten. Aufregend.
Am nächsten Tag weckt mich Vogelgezwitscher. Ich stehe auf und öffne den Reissverschluss meines überdimensionalen Zeltes und trete mit staunenden Augen auf die Terrasse. Vor mir liegt das Goldene Dreieck von Thailand. Malerisch schlängelt sich ein Fluss durch die Landschaft. Hinten sehe ich Berge. Laos und Burma sind in Sichtweite. Meine müden Augen erkennen eine Bewegung auf der Gras- und Waldlandschaft vor dem Fluss. Da sind die Elefanten, die hier mit im Four Seasons Tented Camp leben. Ein Lächeln huscht über meine Lippen. Ich mache mich fertig und gehe zum Frühstück. Und kaum sitze ich und nippe an meinem Kaffee, geht ein Raunen durch das offene Restaurant des Hotels.
Frühstück mit Elefanten
Ich drehe mich um und glaube meinen Augen kaum. Da kommen zwei Elefanten direkt zu uns. Je ein Mahout, so werden die Elefanten-Trainer und -Pfleger hier genannt, an der Seite. Ich springe auf und gehe hin. An der Treppe stehen Körbe mit kleinen thailändischen Bananen und die Mahouts ermutigen mich und die anderen Gäste, die Elefanten damit zu füttern. Gerade als ich eine in der Hand halte und noch überlege, ob ich die erst mal pellen muss, kommt auch schon der Rüssel des kleineren Elefanten auf mich zu und schnappt mir die Banane aus der Hand. Samt Schale. Damit wäre also meine Frage geklärt. Auf Elefantisch. Ein Dauergrinsen schleicht sich fortan auf mein Gesicht. Das fängt ja gut an, denke ich. Und dann kommt auch schon jemand vom Hotel und sagt mir, dass ich mich vor meinem geplanten Abenteuer erst einmal umziehen muss. Entsprechende Kleidung würde schon in meinem Zelt hängen.
Rettung für Elefant und Mahout
Mein Abenteuer heisst: Ausbildung zur Elefanten-Flüsterin. Das Programm wird vom Hotel mit der hier angeschlossenen Stiftung Think Elephants International angeboten. Gemeinsam holen sie geschundene Elefanten von der Strasse und geben ihnen und den bis dahin verarmten Mahouts ein neues Zuhause. Wissenschaftler sind vor Ort und machen zudem Verhaltensforschung mit den Tieren. Eine gute Sache. Wenig später stecke ich in einem Jeansanzug, den man in der Taille mit einem bunten Stoff zusammenbindet. Erst später soll ich erfahren warum. Und dann gehört zum Outfit etwas, das mich beim Anziehen wirklich Überwindung kostet: lange, ziemlich enge Socken und Crocs. Die würde ich normalerweise nicht an meinen Fuss lassen. Und das Camp ist wohl auch das einzige 6-Sterne-Haus, in dem das in diesem Fall sogar erwünscht ist.
Aufregende Annäherung an die Dickhäuter
In kompletter Montur stehe ich wenige Minuten später am Treffpunkt bereit. Mein Trainer Seng trifft zeitgleich ein. Er ist hier eine Art Ober-Mahout. Die Socken sind als Schutz gedacht – denn Elefantenhaare, so erfahre ich, sind sehr borstig und könnten sonst auf der nackten Haut kratzen. Wir gehen die Treppe hinunter zum Fluss und von dort aus genau in die Richtung, in der ich am Morgen bereits die Elefanten gesehen hatte. Und dann kommen sie. Mein Herz bleibt stehen. Sind die gross, denke ich. Noch grösser als ihre Kollegen am Morgen. Ich bekomme ein wenig Angst, denn ich weiss gar nicht wohin mit mir, als der grösste direkt auf mich zumarschiert. Seng bemerkt das sofort und beruhigt mich. Ich solle einfach langsam weitergehen. Das mache ich auch und Yuki, wie der Elefant heisst, bleibt direkt vor mir stehen. Ich könne die Elefantenkuh auch anfassen, sagt Seng – und das mache ich. Yuki hat ganz raue Haut und jetzt spüre ich auch die borstigen Haare. Ihre Augen schauen mich an und ihr Rüssel schnüffelt an mir. Ich muss lachen. Hinter Yuki laufen noch weitere Elefanten zu uns.
«Bao, Bao» – Sprechen mit Elefanten
«Das hier ist dein Elefant, Bua Thong», sagt Seng und zeigt auf einen lustig aussehenden Gesellen, nicht so gross wie Yuki, aber ebenso mit sanftmütigem Blick. Jeder Elefant hat seinen eigenen Mahout dabei. Nach einer kurzen Einführung zeigen sie uns, wie sie auf die Elefanten aufsteigen. Dazu ruft der Mahout zunächst ein Kommando und der Elefant knickt mit dem Vorderbein ein. Der Mahout greift dann beherzt an das Elefanten-Ohr, setzt seinen eigenen Fuss auf das gewinkelte Elefantenbein und zieht sich grazil auf den Dickhäuter. Ich bin begeistert. Aber ich stehe mit offenem Mund da, als ich höre, genau das solle ich nun auch machen. Einfach so. Ich? Ich muss schlucken und mein Puls wird schneller. Aber ich überwinde meine Bedenken, greife ebenso kräftig zu und klettere auf den Elefanten. Natürlich nicht so grazil wie ein Mahout. Aber ich bin oben und muss mich richtig festhalten, als der Elefant sich wieder aufrichtet. Jetzt weiss ich auch, warum ich den Taillengürtel trage: An ihm hält mich der Mahout hinter mir fest. Sonst wäre ich wohl heruntergefallen. Der Mahout ruft laut «Bao» hinter mit. Das ist das Kommando zum Gehen. Elefanten hören schlechter, als man denkt, darum die Lautstärke. Wir reiten durch den Dschungel, ich klammere ich weiter fest, habe Respekt vor der Höhe auf dem Tier. Im Sattel sitzt man hier nicht. Das ist nicht gut für die Tiere, erklärt mir der Seng. Hier oben lerne ich weitere Kommandos – für «geh rechts» und «geh links» und ein Befehl für den Abstieg.
Zitterpartie: Vollbad im Fluss
Wir kommen am Wasser an und ich steige ab. Die Elefanten gehen zunächst alleine mit ihren Mahouts in den Fluss und nehmen ein Vollbad. Sie haben Spass, spritzen Wasserfontänen mit ihren Rüsseln durch die Luft und tröten. Mir allerdings bleibt kurze Zeit wieder die Spucke weg, als man mir mit einem breiten Lächeln mitteilt, dass nun auch ich mit Mahout und Elefant ins Wasser soll. Wie bitte? Jetzt bekomme ich vollends Schnappatmung. Was, wenn ich ins Wasser falle? Oder abrutsche? «Mach dir nicht so viele Gedanken», lächelt mich Seng an. «Wir halten dich.» Also auch hier: allen Mut zusammenkratzen, aufsteigen und rein ins Wasser. Mein Bua Thong hat besonders viel Spass in den Fluten. Gleich dreimal taucht er so tief unter, dass ich bis zum Hals im Wasser bin. Aber mein Mahout hält mich fest. Und Bua Thong liebt es, andere mit einer vollen Rüsselladung nass zu spritzen. Ich spüre förmlich, wie viel Spass er hat, und er überträgt den Spass auf mich. Ich lache wie ein glückliches Kind bei der Bescherung und bin froh, nicht gekniffen zu haben. Insgesamt drei Stunden dauert das Mahout-Training, und als ich absteige, bin ich wirklich traurig, dass es vorbei ist. Aber zum Elefanten-Flüsterer-Programm gehört noch mehr.
Der Doktor und das liebe Vieh
Am nächsten Tag darf ich eine Tierärztin beim Elefanten-Check begleiten. Sie klärt mich auf, woran man erkennt, dass ein Tier gesund ist: unter anderem am Gewicht und an vielen weiteren Faktoren. Besonders berührt bin ich aber in dem Moment, als ich den Puls des Elefanten messen darf. Das macht man hinter seinem Ohr, wo gut sichtbar eine der grossen Venen liegt. Als meine Hand darauf ruht und ich den langsamen Herzschlag spüre, ist es vollends um mich geschehen: Ich fühle mich für immer und ewig mit den Tieren verbunden und bin so zur echten Elefanten-Flüsterin geworden.