Auf der Brücke zum Interview: Kapitän Carsten Gerke
- April 17, 2016
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An Bord der kleinen Schiffe mit der höchsten Eisklasse, MS BREMEN und MS HANSEATIC, geht es im Südhalbkugelsommer von November bis Februar zu den besonderen Orten einer Reise in die Antarktis: Falkland Inseln, Südgeorgien und Süd-Orkney-Inseln, Süd-Shetland-Inseln, Antarktische Halbinsel und Weddellmeer, Südpolarkreis und Kap Hoorn. Reiseziele, die nachhaltig beeindrucken. Imagine sprach mit Kapitän Carsten Gerke über den besonderen Reiz einer Antarktis Expeditionskreuzfahrt. IMAGINE: Herr Gerke, kennt man als Kapitän noch das Problem der Seekrankheit?
Das ist auch bei einem Kapitän immer ein bisschen tagesformabhängig. Bei wirklich schwerer See vor dem Rechner zu sitzen ist auch für mich keine schöne Beschäftigung, da mache ich dann lieber andere Sachen. Aber ich denke, ich halte schon eine ganze Menge aus.
Hat man als Kapitän eine Lieblingsroute beziehungsweise -gewässer?
Ich persönlich kann jeder Route etwas abgewinnen. Ob es nun die Ostsee mit ihren wundervollen Königsstädten oder Südgeorgien bei strahlendem Sonnenschein ist, die Welt ist voller faszinierender Plätze. Man muss einfach neugierig bleiben. Doch die Antarktis ist schon etwas ganz Besonderes.
Das wievielte Mal sind Sie nun in der Antarktis unterwegs?
Das kann ich Ihnen aus dem Stehgreif heraus gar nicht beantworten, da müsste ich in mein Seefahrtenbuch schauen. Ich kann das wirklich schlecht einschätzen?– als Kapitän schätzt man nicht gerne. Das erste Mal war ich jedoch 2007 mit der MS Bremen in der Antarktis.
Stellt die Antarktis an einen Kapitän und seine Crew spezielle Anforderungen?
Sicherlich, denn man ist abseits jeglicher Zivilisation und hat somit kaum infrastrukturelle Hilfe. Dafür ist man aber auch freier, besonders was die Anläufe
betrifft. Man kann den Fahrplan schneller und eigenmächtig umstellen. Wären wir im Mittelmeer unterwegs, hätte ich viel mehr Bürokratie zu bewältigen?– was auch eine Herausforderung bedeuten kann (lacht). Hier unten sind wir viel flexibler. Diese Flexibilität brauchen wir aber auch, da sich die Wetter- und Eislage in kürzester Zeit massiv ändern kann. In der Antarktis kann ich jedoch einfacher und schneller umrouten, denn anders als im Mittelmeer haben wir hier keine Touren gebucht. In der Antarktis sind wir viel selbstständiger, denn wir bestreiten unsere Landgänge oder Zodiac-Touren selbstständig.
Aber auch in der Antarktis darf man nicht machen, was man möchte. Auch hier müssen inzwischen Slots gebucht werden?…
Ja, es ist in den letzten Jahren voller geworden. Momentan sind 27?Schiffe in der Antarktis unterwegs. Das hört sich nach viel an, aber das entzerrt sich natürlich. Wir sind nun 16?Tage an Bord, und die Passagiere haben noch kein anderes Schiff gesehen. Das liegt unter anderem daran, dass wir auf dieser Tour das Glück haben, antizyklisch zu fahren. Wir waren bisher meistens dann irgendwo vor Ort, wenn maximal zwei Schiffe in dem gleichen Gebiet waren. Doch immer mehr Menschen interessieren sich für die Antarktis, zwischen 1992 und 2013 hat sich die Besucherzahlen verfünffacht. Daher ist es umso wichtiger, bestimmte Verhaltensregeln zu befolgen und die einzigartige Natur- und Tierwelt zu schützen. Wir wollen hier unten keine Spuren hinterlassen und dürfen ausser den beeindruckenden Bildern im Kopf und auf der Kamera auch nichts mitnehmen. Nur so können wir auch nachfolgenden Generationen dieses einzigartige Erlebnis noch ermöglichen.
Was macht für Sie den speziellen Reiz einer Antarktis-Expedition aus?
Bei einer Antarktis-Expedition machen wir fast alles selber. Wir sind also nicht abhängig von externen Anbietern, mit denen wir Touren machen. Es ist zudem recht einfach, die Gäste von diesem Fahrtgebiet zu begeistern. Denn für uns Europäer ist es etwas total Surreales, durch eine vereiste Gletscherlandschaft zu fahren. Auf der einen Seite haben wir in der Antarktis eine harsche, lebensfeindliche Natur und auf der anderen Seite eine wahre Lebensexplosion mit riesigen Pinguinkolonien, Walen und Robben. Hier erfüllen sich viele Passagiere einen Lebenstraum. Es ist toll, ein Teil davon zu sein und mithelfen zu dürfen, diesen zu erfüllen. Aber es ist auch eine ungeheure Verantwortung und ein Druck, der auf der Crew lastet, denn
die Erwartungen an so eine «Lebensreise» sind hoch, und manchmal kommt uns einfach das Wetter in die Quere. Aber gemeinsam mit meinem Team und den Experten finden wir immer spannende Alternativen.
Die Antarktis ist für Sie in drei Worten?
Anspruchsvoll, beeindruckend, fragil.?